Dienstag, 7. Juli 2015

Radio-Geschichte. 8. Juli


Am 8. Juli 1945 übernimmt die US-Militärregierung offiziell die Verwaltung von Stuttgart und zugleich beginnt Radio Stuttgart, eigene Sendungen auszustrahlen. Die Grenzen der amerikanischen Besatzungszone bestimmen auch die des Sendegebiets.

Die inhaltliche Kernvorgaben der Amerikaner waren die Ausmerzung nationalsozialistischen und militaristischen Gedankenguts und die Verbreitung (amerikanischer) demokratischer Wert- und Politikvorstellungen. Weiterhin sollten die Deutschen davon überzeugt werden, dass sie die Kriegsfolgen selbst zu verantworten hatten, sowie falsche Gerüchte unterbunden werden.

Die Kontrolloffiziere hatten keine leichte Aufgabe. Sie mussten in einer Gesellschaft, die von zwölf Jahren Diktatur geprägt war, ein funktionierendes demokratisches Klima erzeugen. Hier fanden sich die Besatzer in einer Rolle, die ihrem eigenen Verständnis von Demokratie widersprach: sie übten die Kontrolle auf ein Medium aus, mit dem Ziel, eine freie, nicht kontrollierte Medienlandschaft zu schaffen. Nur unter Berufung auf ihre eigene amerikanische demokratische Tradition konnten sie ihr Selbstverständnis formulieren: Radio Stuttgart war zunächst ein amerikanischer Sender für besetzte Deutsche.

Dennoch war es bereits im Juli 1945 erklärtes Ziel der Amerikaner, auch deutsche Sprecher an die Mikrophone zu lassen, weil diese die Mentalität ihrer Landsleute am besten einschätzen konnten. Die verantwortlichen US-Offiziere wollten die Eigeninitiative der Deutschen ankurbeln und sich auf eine reine Kontrollfunktion zurückziehen.

Bei Radio Stuttgart waren in den Aufbaujahren viel mehr junge Mitarbeiter beschäftigt als bei den anderen Stationen in Deutschland; oft hatten sie keinerlei journalistische Erfahrung, wurden aber so gut ausgebildet, dass viele von ihnen später eine journalistische Laufbahn einschlugen.

Der Aufbau eines Senders in der französischen Zone verzögert sich, daher dürfen die Franzosen bis Februar 1946 Nachrichten und Ankündungen auf Radio Stuttgart senden.

Robert Heinze hat im Dezember 2004 eine gute Magisterarbeit über diese Zeit verfasst. Auf 109 Seiten beleuchtet er die Geschichte des Rundfunks in der Weimarer Republik und im 3. Reich. Die Arbeit steht zum Herunterladen im Netz als pdf-Datei zur Verfügung.


Quellen:


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